07.07.2025
Wegen Datenschutzverstößen von Meta erhält ein Facebook-Nutzer eine Entschädigung von 5.000 Euro. Das Landgericht (LG) Leipzig hat die hohe Entschädigungssumme damit gerechtfertigt, dass Meta mit seinen Business Tools massiv gegen europarechtlichen Datenschutz verstößt, die personenbezogenen Daten zu einem Profiling der Facebook-Nutzer verarbeitet und mit dem Geschäftsmodell der personalisierten Werbung Milliardengewinne einfährt.
Meta, Betreiberin der sozialen Netzwerke Instagram und Facebook, hat Business Tools entwickelt, die von zahlreichen Betreibern auf ihren Webseiten und Apps eingebunden werden und die Daten der Nutzer von Instagram und Facebook an Meta senden. Jeder Nutzer ist für Meta zu jeder Zeit individuell erkennbar, sobald er sich auf den Dritt-Webseiten bewegt oder eine App benutzt hat, auch wenn er sich nicht über den Instagram- oder Facebook-Account angemeldet hat. Die Daten sendet Meta Ireland weltweit in Drittstaaten, insbesondere in die USA. Dort wertet sie sie in für den Nutzer unbekanntem Maß aus.
Das LG hat den Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ausschließlich auf Artikel 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) gestützt, also auf Europarecht und nicht (wie andere Gerichte in vergleichbaren Fällen) auf das nationale Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Es hat sich dabei auf Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem Verfahren gegen Meta gestützt, in dem es ebenfalls um die Zulässigkeit der Business Tools ging. Da die Verarbeitung personenbezogener Daten besonders umfangreich ist – sie betrifft potenziell unbegrenzte Datenmengen und hat nahezu die vollständige Überwachung des Online-Verhaltens des Nutzers zur Folge – führt das nach dem EuGH zu einem Gefühl, dass das gesamte Privatleben kontinuierlich überwacht wird.
Die Höhe des europarechtsautonom auszulegenden Schmerzensgeldes nach Artikel 82 DS-GVO muss laut LG Leipzig über die in der nationalen Rechtsprechungspraxis etablierten Schmerzensgeldbeträge hinausgehen. Bei der Schadensschätzung hat das Gericht an den Wert der personenbezogenen Daten zu Zwecken personalisierter Werbung für Meta angeknüpft. Nach dem Bundeskartellamt (Beschluss vom 02.05.2022, B 6-27/21) verfüge Meta im Bereich der sozialen Medien über eines der führenden Werbeangebote. 2021 habe das Unternehmen bereits 115 Milliarden US-Dollar Werbeeinnahmen erzielt, bei einem Gesamtumsatz von 118 Milliarden US-Dollar. Die Werbeeinnahmen machten also 97 Prozent vom Umsatz aus. Der finanzielle Wert eines einzigen Nutzerprofils, in dem sämtliche Daten über die Person gespeichert sind, sei auf datenverarbeitenden Märkten enorm.
Auf eine informatorische Anhörung des Klägers hat das LG Leipzig verzichtet. Bei einer solchen wären keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen, die über die Mitteilung des im Allgemeinen eher diffusen Gefühls des Datenverlusts und der Verunsicherung hinausgehen, argumentiert das Gericht. Denn es sei ja gerade das Problem der Klagepartei und auch des Gerichts, festzustellen, was konkret Meta mit den Daten macht und noch vorhat. Das LG stellte deshalb für eine Mindestentschädigung von 5.000 Euro auf die allgemeine Betroffenheit des aufmerksamen und verständigen "Durchschnitts"-Betroffenen im Sinne der DS-GVO ab.
Abschließend hob es hervor, sich der Folgen seiner Entscheidung bewusst zu sein. Auch wenn sie dazu führen könnte, dass viele Facebook-Nutzer Klage erheben, ohne einen individuellen Schaden explizit darzulegen, widerspreche das nicht den gesetzgeberischen Zielen der DS-GVO, gerade auch mittels Private Enforcement den Datenschutz vor Zivilgerichten und damit jenseits rein behördlicher Maßnahmen effektiv durchzusetzen.
Landgericht Leipzig, Urteil vom 04.07.2025, 05 O 2351/23