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13.11.2025

Treaty Override: Verfassungsmäßigkeit bleibt offen

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Richtervorlage des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Verfassungsmäßigkeit des so genannten Treaty Override als unzulässig verworfen. Der BFH habe nicht ausreichend dargelegt, inwiefern es für seine Entscheidung auf die Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Normen ankommen sollte.

Die Vorlage des BFH betrifft zwei Vorschriften aus dem internationalen Steuerrecht: die Regelung des § 50d Absatz 9 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie die hiermit zusammenhängende Anwendungsbestimmung in § 50d Absatz 9 Satz 3 EStG.

Die erstgenannte Regelung schließt die Anwendung der in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Ausnahmen von der deutschen Besteuerung unter bestimmten Voraussetzungen aus (so genanntes Treaty Override). Mit der zweitgenannten Vorschrift bestimmte der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen § 50d Absatz 9 Satz 1 Nr. 2 EStG und weiteren, in anderen Regelungen angeordneten Ausschlüssen der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen. Diese Vorschrift wurde vom Gesetzgeber 2013 mit Wirkung auch für die Vergangenheit neugefasst.

Der BFH meint, dass der Gesetzgeber durch das Grundgesetz verpflichtet werde, Völkervertragsrecht zu beachten. § 50d Absatz 9 Satz 1 Nr. 2 EStG könne danach keinen Bestand haben, weil kein Rechtfertigungsgrund für die Verletzung von Völkervertragsrecht zu erkennen sei. Darüber hinaus sei die rückwirkende Neufassung der in § 50d Absatz 9 Satz 3 EStG enthaltenen Anwendungsbestimmung wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig.

Das BVerfG entschied, die Vorlage sei unzulässig. Der BFH habe nicht hinreichend begründet, weshalb es für eine Entscheidung des Ausgangsverfahrens auf die Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Normen ankommen sollte.

Er setze sich schon nicht mit sämtlichen Voraussetzungen des im Ausgangsverfahren einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens auseinander. Auch begründe der BFH nicht hinreichend, dass die Voraussetzungen des § 50d Absatz 9 Satz 1 Nr. 2 EStG im Ausgangsverfahren vorlägen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21.10.2025, 2 BvL 21/14